Additive Fertigung als zukunftsweisendes Fertigungsverfahren

  1. Was ist Additive Fertigung: Definition
  2. Bedeutung der Additiven Fertigung
  3. Grundlagen der Additiven Fertigung
  4. Vorteile der Additiven Fertigungsverfahren
  5. Nachteile der Additiven Fertigungsverfahren
  6. Übersicht über Additive Fertigungsverfahren
  7. Anwendungsgebiete Additiver Fertigung
  8. Trends und Zukunft der Additiven Fertigung
  9. Implementierung und Kosten von 3D-Druck in Additiver Fertigung

Was ist Additive Fertigung: Definition

Additive Fertigung, die üblicherweise auch als 3D-Fertigung oder generative Fertigung bezeichnet wird, gewinnt in der Industrie zunehmend an Bedeutung. Insbesondere im Prototypenbau, bei Bauteilen mit hohem Individualisierungsgrad oder Bauteilen mit einer komplizierten Geometrie finden diese Fertigungsverfahren Anwendung. Doch auch in der Fertigung von Endprodukten wächst der Umfang, in welchem Additive Fertigung angewendet wird.

 

Bedeutung der Additiven Fertigung

Die generative Fertigung findet insbesondere in der Luft- und Raumfahrt, dem medizinischen Bereich (Prothetik), der Automobilbranche und dem Werkzeugbau Anwendung, da in diesen Branchen Anforderungen an die Bauteile gestellt werden, welche die generative Fertigung begünstigen. Durch 3D-Fertigungsverfahren können Geometrien erzeugt werden, die mit konventionellen Fertigungsverfahren nicht oder nur mit hohem Aufwand erzeugt werden können. Diese sind abhängig vom gewählten Additiven Fertigungsverfahren – beispielsweise innen liegende und konturnahe Kühlkanäle, Hinterschnitte, innen liegende Strukturen, unterschiedliche Wandstärken, Freiformflächen oder Strukturen in sehr kleinen Größen.

Grundlagen der Additiven Fertigung

Bei Additiven Fertigungsverfahren wird durch Zufügen von Material ein Bauteil erzeugt. Eine Besonderheit der generativen Fertigungsverfahren ist, dass der Fertigungsprozess werkzeuglos und ohne Formen direkt auf Grundlage von 3D-CAD-Daten erfolgt. Dies erhöht gegenüber der herkömmlichen Fertigungsverfahren die Flexibilität in der Fertigung. Mit verschiedenen Additiven Fertigungsverfahren können unterschiedliche Werkstoffe verarbeitet werden – wie etwa Kunststoffe, Kunstharze, Keramiken und Metalle.


Wie funktioniert Additive Fertigung? Bei der Additiven Fertigung wird ein Bauteil anhand einer 3D-CAD-Datei erzeugt. Es gibt Verfahren, bei denen das zu erzeugende Bauteil direkt in allen drei Raumrichtungen gefertigt wird. In der Regel erfolgt die Fertigung jedoch schichtweise, indem zunächst eine Ebene des Bauteils gefertigt wird. Über das Hinzufügen weiterer Schichten in der dritten Raumrichtung entsteht das dreidimensionale Bauteil. Durch Aufschmelzen oder chemische Aushärteprozesse wird ein Stoffzusammenhalt geschaffen, bevor die nächste Schicht aufgetragen wird.

Vorteile der Additiven Fertigungsverfahren

Die besonderen Vorzüge der 3D-Fertigung liegen darin, dass anders als bei den konventionellen Fertigungsverfahren die Fertigung ohne Werkzeug und ohne Form erfolgt. Die gewünschte Geometrie wird direkt aus 3D-CAD-Daten erzeugt. Dies ermöglicht eine schnelle Fertigung von Prototypen (rapid prototyping), von Endprodukten (rapid manufacturing) und von Werkzeugen und Formen (rapid tooling) und erhöht die Flexibilität in der Produktion.
Des Weiteren ist es möglich verschiedene Bauteile auf einer Maschine zu fertigen – unter Umständen sogar zeitgleich. Da die Fertigung werkzeuglos erfolgt, können die zu fertigenden Teile ohne Aufwand individualisiert werden.


Ein weiterer Vorteil der Additiven Fertigung ist, dass der Fertigungsprozess automatisiert abläuft. Für den Fertigungsprozess ist es nicht erforderlich, dass ein Mitarbeiter die Maschine bedient. Nur das Vorbereiten der Maschine und das Entnehmen des Bauteils, sowie eine mögliche Nachbehandlung, muss manuell erfolgen.

Nachteile der Additiven Fertigungsverfahren

Allerdings haben Additive Fertigungsverfahren auch einige Nachteile. Dies sind zum einen notwendige Nachbearbeitungsschritte, wenn eine hohe Oberflächengüte oder die Einhaltung von Toleranzen gefordert ist, zum anderen lange Prozesszeiten, da das Bauteil meist Schicht für Schicht erzeugt wird.

Die generativen Fertigungsverfahren sind nicht für alle Anwendungen gleichermaßen geeignet. Im Bereich der standardisierten Massenproduktion (mit mehreren tausend hergestellten Teilen) sind konventionelle Fertigungsverfahren der Additiven Fertigung meist vorzuziehen. Wenn bei Bauteilen enge Toleranzen eingehalten werden müssen oder eine bestimmte Oberflächengüte erreicht werden muss, ist bei den 3D-Fertigungsverfahren in der Regel eine Nachbearbeitung notwendig.

Übersicht über Additive Fertigungsverfahren

Es gibt verschiedene generative Fertigungsverfahren wie etwa Stereolithografie, Laserstrahlschmelzen, Lasersintern, Elektronenstrahlschmelzen, Fused Layer Modelling und Digital Light Processing, die unterschiedliche Werkstoffe verarbeiten können und die somit auch für unterschiedliche Anwendungen geeignet sind.

Einsatzgebiete Additiver Fertigungsverfahren in Bezug auf verarbeitbare Werkstoffe

Tabelle 1: Anwendung Additiver Fertigungsverfahren bei Verarbeitung von Werkstoffen

  • Stereolithografie (SLA): Bei der Stereolithografie wird flüssiges Harz (Resin) durch einen UV-Laser punktgenau gehärtet, um präzise, detailreiche Bauteile herzustellen. Das Verfahren eignet sich vor allem für Kunststoffe und in einigen Fällen für Keramik-Komposite, was eine hohe Oberflächenqualität ermöglicht.
  • Selektives Lasersintern (SLS): Beim SLS-Verfahren wird Materialpulver wie Kunststoff, Metall oder Keramik durch einen Laser punktuell verschmolzen. Besonders bei Kunststoffen wie Nylon bietet es hohe mechanische Eigenschaften und eignet sich für funktionale Prototypen und Kleinserien.
  • Selective Laser Melting (SLM) / Direct Metal Laser Sintering (DMLS): Beide Verfahren nutzen Laser, um Metallpulver zu schmelzen und Schicht für Schicht Metallteile zu fertigen. Sie werden häufig für Hochleistungsmetalle wie Titan, Aluminium oder Edelstahl verwendet, insbesondere in der Luft- und Raumfahrt oder Medizintechnik.
  • Elektronenstrahlschmelzen (EBM): Beim EBM wird ein Elektronenstrahl genutzt, um Metallpulver zu schmelzen und präzise Metallteile herzustellen. Das Verfahren eignet sich vor allem für Titan und Kobalt-Chrom und ist ideal für Anwendungen in der Medizintechnik und Luftfahrt.
  • Fused Deposition Modeling (FDM/FFF): Dieses Verfahren schmilzt thermoplastische Kunststoffe wie PLA oder ABS und extrudiert sie schichtweise, um ein Bauteil zu formen. Es ist weit verbreitet und kostengünstig, besonders für den Einsatz in der Prototypenfertigung.
  • Multi-Jet Modelling (MJM): Beim MJM-Verfahren werden Photopolymere schichtweise aufgetragen und durch UV-Licht gehärtet. Es eignet sich gut für die Herstellung hochpräziser Modelle aus Kunststoff und Wachs, oft in der Schmuckherstellung oder für medizinische Modelle.
  • PolyJet Modelling (PolyJet): PolyJet funktioniert ähnlich wie MJM, jedoch mit einer größeren Materialvielfalt, einschließlich flexibler und gummiartiger Materialien. Dies ermöglicht das Drucken komplexer Bauteile mit verschiedenen Härtegraden in einem einzigen Druckvorgang.
  • Binder Jetting (BJ): Beim Binder Jetting wird Bindemittel auf ein pulverförmiges Material wie Sand, Metall oder Keramik aufgebracht, um Schichten zu verkleben. Es eignet sich gut für die Herstellung von Gussformen, Prototypen oder Porzellanbauteilen.
  • Laminated Object Manufacturing (LOM / LLM): Hierbei werden Schichten von Papier, Kunststoff oder Metallfolie durch Hitze oder Druck verklebt und geschnitten, um ein Bauteil zu formen. Es ist eine kostengünstige Methode für große Modelle, allerdings mit begrenzter Detailgenauigkeit.
  • Digital Light Processing (DLP): Dieses Verfahren härtet flüssiges Kunstharz (Resin) mithilfe eines digitalen Lichtprojektors Schicht für Schicht aus. Es ähnelt der SLA, bietet jedoch häufig eine höhere Druckgeschwindigkeit und wird auch für Keramik-Komposite eingesetzt.
  • Thermotransfer-Sintern: Hierbei wird thermoplastisches Material durch Wärmeeinwirkung geschmolzen und Schicht für Schicht aufgetragen. Dieses Verfahren eignet sich besonders gut für die Verarbeitung von Thermoplasten wie ABS oder Nylon und wird häufig im Prototypenbau eingesetzt.

Anwendungsgebiete Additiver Fertigung

Additive Fertigungsverfahren finden insbesondere in Bereichen Anwendung, in denen geringe Stückzahlen, eine komplizierte Geometrie und ein hoher Individualisierungsgrad gefordert sind. Dies ist im Werkzeugbau, in der Luft- und Raumfahrt oder bei medizinischen Produkten der Fall. In der Luftfahrt können beispielsweise durch innenliegende Strukturen Gewichtsreduktionen erreicht werden. Für diese Bereiche bieten generative Fertigungsverfahren einige Vorteile, wie die Werkzeuglose und formlose Fertigung, die Möglichkeit der Erzeugung komplizierter Geometrien, eine flexible Produktion, die Möglichkeit sehr kleine Strukturen zu fertigen, Potentiale Material einzusparen und Gewicht zu reduzieren. Insgesamt bieten die Additive Fertigung auch Chancen für die Automatisierung der Produktion.

Trends und Zukunft der Additiven Fertigung

Personalisierte Fertigung und „Smart AM" (Additive Manufacturing)
Ein wichtiger Trend in der Additiven Fertigung ist die zunehmende Produktion maßgeschneiderter Produkte. Dank digitaler Technologien und 3D-Druckverfahren können individuelle Produkte „on demand" hergestellt werden, wodurch große Lagerbestände vermieden werden. Diese Methode ermöglicht eine hohe Designflexibilität und Kosteneffizienz. Außerdem gewinnen Künstliche Intelligenz (KI) und datenbasierte Technologien immer mehr an Bedeutung. KI unterstützt die Optimierung von Designs, erhöht die Effizienz der Produktionsprozesse und ermöglicht Software-Upgrades, um die Hardware zu verbessern. Dies führt zu einem vollautomatisierten Druckprozess, bei dem Aufgaben wie Qualitätskontrolle und Nachbearbeitung zunehmend automatisiert werden.


Zusammenarbeit zwischen AM-Herstellern und traditionellen Fertigungsverfahren
In Zukunft wird die Additive Fertigung verstärkt als Ergänzung zu traditionellen Verfahren genutzt, anstatt diese zu ersetzen. Ein hybrider Ansatz, der klassische Methoden wie Spritzguss oder Fräsen mit additiven Prozessen kombiniert, erlaubt komplexe Anpassungen und eine effizientere Produktion. Diese Synergie zwischen Herstellern additiver Verfahren und konventionellen Fertigungsunternehmen bringt erhebliche Vorteile mit sich, die durch die Entwicklung von Standards und regulatorischen Rahmenbedingungen unterstützt werden.


Nachhaltigkeit und ESG-Kriterien
Nachhaltigkeit und umweltfreundliche Herstellungsprozesse spielen in der Additiven Fertigung eine immer größere Rolle. Der lokale 3D-Druck trägt durch die Reduzierung von Abfall, Energieverbrauch und Transportkosten zur Kreislaufwirtschaft bei. Darüber hinaus sind der Einsatz recycelter Materialien und die Entwicklung von Biomaterialien entscheidende Aspekte, die eine nachhaltige Produktion fördern.


Neue Technologien und Materialentwicklungen
Es werden stetig neue 3D-Drucktechnologien und innovative Materialien entwickelt. Die Stereolithografie (SLA) ermöglicht beispielsweise hohe Druckauflösung und Materialvielfalt, während selektives Lasersintern (SLS) die Herstellung widerstandsfähiger Teile aus Thermoplasten erlaubt. Auch im Metall-3D-Druck verzeichnet man signifikante Fortschritte. Verfahren wie selektives Laserschmelzen (SLM) und direktes Metalllasersintern (DMLS) eignen sich besonders für die Herstellung komplexer Metallbauteile. Neue, kostengünstigere Systeme sorgen dafür, dass eine breitere Nutzergruppe von diesen Technologien profitieren kann.

Großskaliger 3D-Druck
Ein weiterer bedeutender Trend in der Additiven Fertigung ist der großskalige 3D-Druck, bei dem große Bauteile oder ganze Strukturen aus Materialien wie Kunststoff, Beton oder Metall hergestellt werden. Diese Technologie wird zunehmend in Branchen wie der Bauindustrie, der Luft- und Raumfahrt sowie der Automobilindustrie eingesetzt. Der großformatige 3D-Druck ermöglicht nicht nur die Produktion von Prototypen, sondern auch von funktionalen Endprodukten, wie z.B. Fassadenelementen, Flugzeugteilen oder Werkzeugen. Dadurch können sowohl die Produktionszeiten als auch die Kosten erheblich reduziert werden, insbesondere bei komplexen oder individuellen Formen. Zudem werden neue, innovative Materialmischungen entwickelt, die eine höhere Festigkeit und Funktionalität bei großskaligen Anwendungen ermöglichen. Der großskalige 3D-Druck bietet damit enormes Potenzial für nachhaltige und effiziente Produktionsprozesse in unterschiedlichsten Industriezweigen.

Bei der Auswahl von geeigneten Verfahren, Lösungen und geeigneten Bauteilen kann das IPH unterstützen, das verschiedene Dienstleistungen im Bereich der generativen Fertigung anbietet. Durch umfangreiche externe Expertise kann somit eine optimale Beratung für die Auswahl und Umsetzung von Additiven Fertigungsverfahren beziehungsweise 3D-Lösungen gewährleistet werden. Ein unabhängiger Anbieter wie das IPH kann beim Bewerten, Auswählen, Optimieren und Umsetzen von Technologien der Additiven Fertigung helfen.
Darüber hinaus kann das IPH als Dienstleister auch bei der Bewertung und Optimierung von schon bestehenden generativen Fertigungsverfahren seine Unterstützung geben und umfassend beraten. Das Angebot des IPH im Bereich der 3D-Fertigung beruht auf dem aktuellsten Know-how aus Forschung und Technologieentwicklung.

Hier können Sie sich über unsere weiteren Dienstleistungen im Bereich der Fertigung informieren.

Implementierung und Kosten von 3D-Druck in Additiver Fertigung

Je nachdem, welches Additive Fertigungsverfahren angewendet werden soll, existieren große Preisunterschiede zwischen den Anlagen für das jeweilige Additive Fertigungsverfahren. So liegen die Kosten für einen industrietauglichen FLM-Drucker (Fused Layer Modeling-Drucker) im Bereich von 15.000 €, wohingegen eine Lasersinter- oder Laserschmelzanlage mehr als 100.000 € kostet. Je nach Größe des Bauraums kann eine solche Anlage auch noch deutlich teurer sein. Anlagen für kleine und mittelständische Unternehmen lassen sich bereits im niedrigen vierstelligen Budget erwerben. Hierbei ist in der Regel ein SLA oder FLM/FFF-Verfahren vorzuziehen.

Um die richtige Anlage auszuwählen, ist es deshalb wichtig zu wissen, für welche Anwendung die 3D-Fertigung eingesetzt werden soll. Auch sollte beachtet werden, welche laufenden Kosten beim Betreiben einer generativen Fertigungsanlage entstehen. Da die Additive Fertigung nicht für alle Bauteile gleichermaßen geeignet ist, ist auch die Auswahl von Bauteilen, die generativ gefertigt werden können, ein Aspekt, dem besondere Aufmerksamkeit entgegengebracht werden muss. Wenn die Anschaffung einer eigenen Fertigungsanlage für Additive Fertigung nicht lohnenswert ist, können Bauteile auch bei Dienstleistern (3D-Druckshops) gefertigt werden.

Unsere Angebote zur Fertigungstechnik

Sie benötigen Beratung bei der Auswahl des richtigen Fertigungsverfahrens? Das IPH bietet Dienstleistungen im Bereich Fertigungstechnik an – unter anderem zur Additiven Fertigung. Wir unterstützen Sie gern dabei, sich einen Überblick über die verschiedenen Verfahren zu verschaffen, das geeignetste auszuwählen und in Ihre Produktion zu integrieren. Weitere Informationen zu unseren Angeboten, Beratungsdienstleistungen und unserer Expertise erhalten Sie hier: 

Ansprechperson

Dr.-Ing.

Jens Kruse

Leiter Innovative Fertigungsverfahren